Wenn in der Dunkelheit, ein Strahl aus Licht, deine Gedanken bricht, breite deine Flügel aus und glaub an dich.
H. Aichwalder 2019
Die Klarheit meiner Gedanke versinkt in einem Meer von Traurigkeit. (für meine Mutter)
H. Aichwalder 2004
Erst in der Stille findet man den Boden seiner Seele.
H. Aichwalder 2007
Wenn die Schnecke kriecht, steht die Zeit still- für die Anderen.
H. Aichwalder 2020
Im jetzt die Verletzung, im gestern die Wunde, die Narbe ein Leben lang.
H. Aichwalder 2020
Ein Tier ist ein Tier, ein Mensch ist ein Mensch, doch oft verschwimmen die Grenzen, wenn der Mensch zum Tier wird und das Tier zum Menschen.
H. Aichwalder 2020
Das Innere nach außen kehren, Farbe, Breite, Enge, Schnitt,...der Charakter verändert alles im Laufe der Zeit- oder es bleibt?
H. Aichwalder 2020
Obwohl alles um uns fließt, verharrt der Gedanke.
H. Aichwalder 2020
Ich erinnere mich,
wie du geboren wurdest.
Ich erinnere mich,
als ich dich das erste Mal in meinen Armen hielt.
Ich erinnere mich
an dein Lachen und dein Weinen.
Ich erinnere mich
an all die Momente, die wir miteinander verbracht haben.
Ich erinnere mich,
wie du gegangen bist.
Solange ich mich erinnere, wirst du in meinen Gedanken weiter leben. Ich werde deinen und meinen Kindern von dir erzählen. Und wenn auch ich einmal nicht mehr bin, werden wir beide in ihren
Gedanken weiter leben.
Wo auch immer du bist, du wirst immer bei mir sein, mein kleiner Bruder. (für meinen Bruder)
H. Aichwalder 2014
Der Teemeister, der Fürst und das Vögelchen
von Hermann Aichwalder©
für meine Mutter
Vor langer Zeit lebte in einem kleinen Dorf in Japan ein Teemeister. Seine Kunst der Teezubereitung war so hervorragen, dass dies eines Tages auch dem Fürsten, in dessen Distrikt sich das Dorf befand, zu Ohren kam. Der Fürst ein großer Kenner und Liebhaber des Tees und seiner Zubereitung, ließ es sich nicht nehmen dies persönlich nach prüfen zu wollen. So schickte er sogleich einen Boten aus, um den Teemeister über sein Kommen in Kenntnis zu setzen.
Als der Bote des Fürsten am Hauptplatz des Dorfes eintraf, war die Aufregung sehr groß. Alles was Beine hatte und laufen konnte, versammelte sich um ihn. Als er dann auch noch nach dem Teemeister fragte, kam noch Erstaunen hinzu. Was wollte ein Bote des Fürsten von ihrem Teemeister, fragten sich die Dorfbewohner untereinander. Unterbrochen wurde dies, durch das Erscheinen des Samurais, der über dieses Dorf wachte. Er bahnte sich seinem Stand entsprechend, freundlich aber bestimmt einen Weg durch die Menge, bis er dem Boten gegenüber stand. Als dieser ihn über den Grund seines Kommens in Kenntnis gesetzt hatte, erklärte er dem Boten, dass der Teemeister sich gerade nicht im Dorf, sondern in den Bergen befände, um Tee zu sammeln. Er werde ihn aber sofort und persönlich, bei dessen Rückkehr über die große Ehre, die ihm und dem ganzen Dorf zuteil werde unterrichten. Er verbürge sich mit seinem Leben dafür. Der Bote nahm dies wohlwollend wahr, übergab dem Samurai noch die besiegelte schriftliche Botschaft für den Teemeister und ritt davon, die aufgeregte Menge hinter sich lassend.
Der Teemeister, der von all dem noch keine Ahnung hatte, kehrte erst gegen Abend wieder in das Dorf zurück. Er wunderte sich, keine Menschenseele außerhalb des Dorfes an zu treffen. Normalerweise waren um diese Zeit noch ein paar Bauern unterwegs, die sich mit ihren Karren und Gerätschaften auf dem Heimweg befanden. Aber dem war dieses Mal nicht so. Als er dann die Hauptstraße entlang schritt, wo sich üblicherweise um diese Uhrzeit noch gesellschaftliches Treiben darbot, noch immer niemand zu sehen war, wurde ihm leicht unwohl. Was mag bloß geschehen sein, dachte er bei sich. Doch plötzlich wurden seine Gedanken durch ein lautes Stimmen Gewirr, das vom Dorfgasthof herüber drang unterbrochen. Erleichtert ging er darauf zu und öffnete vorsichtig die Schiebetüre. Als er hinein blickte, wurde es mit einem Schlag still und alle Köpfe drehten sich ihm zu. Erstaunt sah er zurück. Die ganze Dorfgemeinschaft war hier versammelt, ja sogar der Samurai der das Dorf über hatte, war mit seiner ganzen Familie anwesend. Dieser stand auch sogleich auf und kam auf ihn zu. Er bat ihn freundlich herein zu kommen und Platz zu nehmen, da er ihm eine wichtige Nachricht aus zu richten hätte. Als der Teemeister, noch immer mit verwundertem Gesichtsausdruck dem Folge geleistet hatte, setzte sich der Samurai ihm gegenüber und begann sofort ihm von dem Ereignis, dass sich während seiner Abwesenheit zu getragen hatte zu berichten. Der Teemeister lauschte ungläubig seinen Worten, jedoch als der Samurai dann auch noch die schriftliche Botschaft des Fürsten für ihn persönlich auf den Tisch legte, wichen alle Bedenken aus seinem Gesicht. Bis dato war es ganz leise in dem Raum gewesen und nur die Stimme des Samurai war zu hören, doch als er das noch versiegelte Schriftstück auf den Tisch gelegt hatte, wurde es wieder lauter. Jeder wollte wissen, was denn genau darin stand und wann der Fürst kommen werde. Der Teemeister, jetzt auch sichtlich etwas aufgeregt, atmete kurz durch, griff danach, brach vorsichtig das Siegel und öffnete es. Wieder wurde die Menge lauter, er solle es doch bitte vorlesen. Nachdem er zustimmend genickt hatte und wieder Ruhe eingekehrt war, tat er dies auch. Darin stand, dass der Fürst persönlich das Dorf am Ende des Monats, genau genommen in einer Woche, aufsuchen werde, um sich davon zu überzeugen, ob der Teemeister seinem Ruf gerecht werde. Kaum war er fertig, ging es wieder los. Alle redeten durcheinander, welch große Ehre es doch für das bis jetzt unbedeutende Dorf sei und jeder wollte sich auf seine Weise einbringen. Der Wirt mit besonderem Essen für den Fürsten, die Handwerker mit Geschenken, der Samurai mit der Empfangsaufstellung des Dorfes, und so weiter. Nur unser Teemeister saß ganz ruhig da. In seinem Kopf war nur ein Satz:“ Wird er seinem Ruf gerecht werden.“ Langsam stand er auf und verlies die Gaststätte. Die Menge war so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie gar nicht bemerkte, dass er weg war.
Nachdenklich in sich gekehrt, ging der Teemeister die Hauptstraße des Dorfes entlang, selbst die kleinen Katzen, die am Straßenrand wild umher tollten, bemerkte er nicht. Obwohl er Katzen mochte und an keiner vorüber gehen konnte, ohne sie zu streicheln.
Zu Hause angekommen, verstaute er wie immer sorgfältig sein gesammeltes Gut, machte sich noch eine kleine Schale Tee und ging dann zu Bett. Das Einschlafen wollte in dieser Nacht nicht so richtig klappen. Zu viele Gedanken schossen durch seinen Kopf. Würde er seinem Ruf gerecht werden. Was hieß hier Ruf, das Einzige das ihn sein Leben lang interessiert hatte, war der Tee. Alles was er über den Tee und dessen Zubereitung wusste, hatte ihm seine Mutter beigebracht von klein auf. Ja, über die Jahre kam noch einiges an Selbsterfahrung hinzu. Aber den Grundstock verdankte er seiner Mutter und zu ihr war zeitlebens kein Fürst gekommen. Obwohl der Samurai des Dorfes, seine Familie, dessen Kriegerfreunde und deren Familie, so wie auch einige höher gestellte Persönlichkeiten aus der Umgebung ihren Tee und die Kunst der Zubereitung wohl zu schätzen wussten. Nach ihrem Tod war er in ihre Fußstapfen getreten. Aber ein Fürst, was für eine Ehre, hätte sie das noch erleben können, wie stolz wäre sie auf ihn gewesen. Und gleichzeitig, was für eine Bürde für ihn selbst, ach wäre sie doch noch hier um ihm bei zu stehen. All diese Gedanken gingen im fast die halbe Nacht durch den Kopf, bis er endlich einschlief.
Am Morgen darauf wurde er durch ein lautes Klopfen an seiner Türe geweckt. Noch schlaftrunken stand er auf, streifte sich seinen Hauskimono über, ging zur Türe und schob sie ein Stück zur Seite um zu sehen wer da war. Sein Erstaunen war groß. Alle wichtigen Persönlichkeiten des Dorfes standen vor seiner Türe. Als erster der Samurai des Dorfes, hinter ihm wie es sich gehörte der Dorfälteste, dann waren da noch der Sprecher der Bauern des Dorfes, der Schmied des Dorfes, der Töpfermeister, der Webermeister und zu guter letzt noch der Wirt des Dorfes. Alle verbeugten sich vor ihm, selbst der Samurai, verbeugte sich etwas tiefer als er es sonst tat, beziehungsweise wie er es seinem Rang nach nicht hätte tun müssen. Der noch immer erstaunte Teemeister schob die Türe jetzt ganz auf und erwiderte höflich die Verbeugung. Als alle wieder die Köpfe erhoben hatten, trat der Samurai vor ihn hin, entschuldigte sich zuerst für ihr frühes und unerwartetes Erscheinen und erklärte ihm weiter, das aufgrund der kurzen Zeitspanne bis zum Eintreffen des Fürsten nicht sehr viel Tage blieben, was ihnen allen eine fast schlaflose Nacht bereitet hätte und es noch viele Dinge gäbe, die zu besprechen wichtig wären. Dann blickte er ihn erwartungsvoll an, was auch die anderen hinter ihm taten. Langsam wich der erstaunte Blick des Teemeisters aus seinem Gesicht und mit einem freundlichen, ja verständnisvollen Lächeln begleitetem Nicken, bat er sie höflich herein. Auch der erwartungsvolle Blick des Samurai und seiner Gefolgschaft wechselte jetzt in ein erleichtertes Lächeln und ohne Umschweife betrat der Samurai gefolgt von den anderen das Haus des Teemeisters. Nachdem sich alle gesetzt hatten, fragte dieser höflich ob er ihnen wohl eine Schale Tee anbieten dürfte. Worauf diese mit Begeisterung zustimmten.
Also ging er in die Küche. Im Hintergrund hörte er ihr geschwätziges Plaudern. Doch er ließ sich davon nicht ablenken und konzentrierte sich ganz und gar auf die Zubereitung seines Tees. Es war noch früh am Morgen und so entschied er sich für eine kräftigere Sorte und Zubereitung. Für gewöhnlich kamen nicht so viele Menschen zu ihm. Er führte ein eher zurück gezogenes Leben. Er und sein Tee und diejenigen, die seine Kunst schätzten. Normalerweise nur ein bis zwei Personen pro Tag, die er dann in seinem Teehaus im hinteren Teil des Gartens empfing. Dort, wo er den Tee in einer festgelegten Zeremonie, wie es ihn seine Mutter gelehrt hatte, zubereitete und darbot. Den Rest des Tages verbrachte er zumeist damit Tee zu sammeln, zu verpacken um ihn dem Händler, der einmal im Monat das Dorf besuchte, zu verkaufen. Aber seit gestern war sein Leben etwas durcheinander.
Als er den Tee fertig hatte und wieder zu seinen unerwarteten Besuchern zurückkehrte, stellte sich das Reden ein.
Er schenkte einem nach dem anderen eine Schale ein. Zuerst dem Samurai, dann dem Dorf Ältesten und so weiter, wie es die Etikette vorschrieb. Zuletzt schenkte er sich selbst ein. Danach hob er die Schale, verneigte sich kurz aus Dankbarkeit für das Geschenk der Natur, wie er es immer bei seinem ersten Schluck tat und trank. Alle anderen Anwesenden taten es ihm gleich. Selbst der Schmied, ein eher gewöhnlicher Mann, der vorher noch nie bei ihm zu Gast war und eher dem Sake zusprach, tat dies ehrfurchtsvoll oder versuchte es zumindest. Als alle ihre Schalen wieder abgesetzt hatten und nach einer kurzen Pause, begann der Samurai zu sprechen. Welch große Ehre, er, der Teemeister doch über ihr Dorf gebracht hatte. Noch nie wäre der Fürst persönlich in diesem Dorf gewesen. Alle Bewohner, ihn inbegriffen, würden tief in seiner Schuld stehen und wenn er irgendetwas bräuchte, würde man ihm helfen, wo immer man kann. Am Schluss seiner Rede stimmten ihm alle zu. Der Teemeister saß die ganze Zeit nur ruhig da und hörte zu. Dann stand er plötzlich auf und fragte die Anwesenden ob sie noch eine Schale Tee wollten. Erstaunt sahen sie ihn alle an, jeder war auf eine Antwort erpicht gewesen. Aber der Teemeister ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und schenkte noch einmal jedem nach. Dann setzte er sich wieder, nahm selber einen kräftigen Schluck und begann zu reden. Aufmerksam hörten sie ihm zu. Er erklärte ihnen, dass er keine Hilfe benötige und es das Beste sei, wenn bei ihm alles so bliebe wie es war. Sein Tagesablauf und alles um ihn herum, denn jede Veränderung würde ihn nur nervös machen. Jeder im Dorf solle sich auf das konzentrieren, was er am besten kann. Der Samurai den Empfang, der Wirt das Essen, die Handwerker die Geschenke und so weiter. Als der Teemeister mit seinen Erklärungen fertig war, nickten alle zustimmend. Wieder sprach der Samurai für alle, indem er meinte, dass dies wohl das Beste wäre. Und irgendwann werde sich wohl der Zeitpunkt ergeben, wo der Schuldigkeit genüge getan werde. Nach diesen Worten standen alle auf. Einer nach dem anderen verabschiedete sich mit lobenden Worten über seinen Tee bei dem Teemeister. Sogar der Schmied, fragte um einen Termin für eine Teezeremonie an, aber erst nach dem Besuch des Fürsten und das wahrscheinlich nur aus Höflichkeit.
Nachdem alle gegangen waren und der Teemeister alles weggeräumt hatte, ging er in den Garten. Dort setzte er sich auf eine kleine Steinbank, die sich unter einem alten Kirschbaum befand, der gerade in voller Blüte stand. Sein Blick schweifte durch den Garten. Über die von grünem Moos gesäumten Trittsteine des Weges, bis hin zu dem hüfthohen, ausgehölten und immer mit frischem Wasser gefüllten Steinblock, der zur Reinigung diente bevor man das Teehaus betrat. Das Teehaus selbst, war sehr schlicht und einfach. Sein Großvater hatte es gebaut. Er war ein einfacher, naturverbundener Mann gewesen, der sich immer nur auf das Wesentliche im Leben konzentrierte und das widerspiegelte sich auch in seiner Arbeit. Alles war so ruhig und im Einklang mit sich selbst, gewachsen mit der Zeit. Diese Ruhe war es auch, die dem Teemeister seine innere Gelassenheit gab und aus der er seine Kraft schöpfte.
Diese Ruhe, aber auch die ermüdende Aufregung um ihn herum war es, die seine Augenlider langsam zufallen und ihn in einen erholsamen Schlaf fielen ließ.
Die Tage bis zur Ankunft des Fürsten verstrichen wie im Flug. Der Teemeister tat, was er immer zu tun pflegte mit einem Unterschied, dass sich niemand aus dem Dorf zu einer Teezeremonie bei ihm einfand. Alle waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Ein Umstand der ihm gar nicht so Unrecht war.
Auch dem Dorf wiederfuhren einige Veränderungen. Türen und Fenster wurden mit neuem Reispapier bespannt, Dachschindel ausgetauscht und so mancher alte Anstrich musste neuer Farbe weichen. Jeder, von jung bis alt, arbeitete emsig auf die Ankunft des Fürsten hin.
Und dann war es endlich soweit.
Alles was Beine hatte war am Dorfplatz versammelt. Diejenigen die nicht mehr gehen konnten, wurden hin getragen. Jeder hatte seinen besten Kimono an. Vom Wachtturm, am Eingang des Dorfes hörte man den hohlen hölzernen Ton des runden Brettes, auf das mit einem Holzhammer geschlagen wurde, bei Alarm oder, wenn wie heute sich hoher Besuch ankündigte. Durch die langgezogene Hauptstraße konnte man schon eine kleine Staubwolke erkennen, die sich vor den Reisfeldern des Dorfes von der Straße her bildete. Die Dorfstraße hatte man, an diesem heißen Tag wohlweislich mit Wasser bespritzt um dem Staub der Reiter Einhalt zu gebieten.
Alle standen erwartungsvoll am Hauptplatz des Dorfes. Natürlich ihres Ranges gemäß wohlgeordnet mit dem Dorfsamurai an der Spitze.
Der Teemeister stand neben ihm. Auch er hatte seinen besten Kimono an. Das letzte Mal als er ihn trug, war beim Begräbniss seiner Mutter. Ach könnte sie jetzt hier sein, dachte er bei sich. Die Staubwolke mit den Reitern kam schnell näher und sie wirkten wie eine unreale Erscheinung, als sie am Anfang der genässten Dorfstraße den Staub plötzlich hinter sich ließen. Der Teemeister zählte ungefähr 30 Mann, als sie sich in einem langsamen Trab dem Platz näherten. Alle sahen sie gleich aus. Gekleidet in leichter Rüstung, lederne Brustpanzer, Bein und Armschienen, die mit etwas Staub behaftet waren. Selbst der Fürst, den er inmitten der Reiter ausmachte, war bis auf einen einzigen Unterschied gleich gewandet, er hatte auf seinem ledernen Brustpanzer einen Drachen eingeprägt. Der Drache der Weisheit, Wahrheit, Gerechtigkeit und des Kampfes. Das Symbol seiner Herrschaft.
Aber selbst wenn er den Brustpanzer nicht getragen hätte, man hätte sofort erkannt wer er war. Es waren seine ruhigen bedachten Bewegungen, wie auch sein väterlich herrschender Blick, mit dem er über die Bewohner des Dorfes schweifte. Als seine Männer von ihren Pferden abgestiegen waren, stieg auch er ab. Alle verbeugten sich höflich vor ihm. Die Samurai, die ihn begleitet hatten, wie auch die Gemeinschaft der Dorfbewohner. Bis auf ein paar neugierige Kinder, die Kniehoch in kindlicher Neugierde zu ihm hinauf sahen, als er sich dem Dorfsamurai näherte. Ein kurzes freundliches Lächeln, glitt ihm über die Lippen und die Kinder lächelten zurück. Als er vor dem Dorfsamurai stehen blieb und wieder ernster schaute, senkten auch sie ihre Köpfe. Wieder musste der Fürst kurz in sich hinein lächeln. Dann gebat er allen sich wieder auf zu richten. Nachdem sein Blick noch einmal über den Dorfplatz und die Gesichter der Bewohner gewandert war, richtete er einige wohlwollende Worte an den Samurai des Dorfes. Dieser verbeugte sich aus Freude mehrere Male und bedankte sich immer und immer wieder, für die Worte des Fürsten. Dann drehte sich der Fürst in Richtung Teemeister, der fast unscheinbar die ganze Zeit neben dem Samurai gestanden hatte. Er sah ihn nachdenklich von oben bis unten an. Kurz blieb sein Blick auf den vom Teesammeln gegerbten Händen des Teemeisters haften. Mit einem Lächeln, wandte er sich ihm zu und sprach:“Ihr müsst der Teemeister sein.“ „Ja euer Gnaden, der bin ich“, antwortete der Teemeister ruhig.
„Dann lasst uns gleich sehen, ob ihr eurem Ruf gerecht werdet“, erwiderte der Fürst. Der Teemeister verbeugte sich noch einmal kurz und ging dann vom Fürst gefolgt in Richtung seines Heims. Den ganzen Weg entlang sprachen sie kein Wort. Zu Hause angekommen, öffnete der Teemeister die Türe seines Zaunes und wies dem Fürsten den Weg durch den Garten in Richtung Teehaus. Als der Fürst die kleine Steinbank unter dem alten Kirschbaum sah, blieb er davor stehen und setzte sich darauf.
Der Teemeister wartete höflich auf den mit Moos umrandeten Trittsteinen, die zum Teehaus führten. Der Fürst in unserem Garten, auf unserer Steinbank. Mein Gott, wenn das meine Mutter sehen könnte, dachte der er kurz bei sich.
Der Fürst wendete sich ihm zu und erklärte mit ruhiger Stimme: „Geht und bereitet alles vor, ich möchte noch etwas in dieser Ruhe verweilen.“ Der Teemeister nickte, ging zum Steinblock, wo er sich rituell reinigte und verschwand als dann im Teehaus.
Der Fürst blickte ihm kurz nach, dann sah er in die blühende Baumkrone des Kirschbaums empor, wo ein Vögelchen unbeschwert ein Lied vor sich hin trällerte und von Ast zu Ast hüpfte. Sein Blick glitt die mit Blüten verhangenen Äste hinunter in den Garten. Über die von grünem Moos gesäumten Trittsteine des Weges, bis hin zu dem hüfthohen, ausgehöhlten und mit Wasser gefüllten Steinblock und von dort zum Teehaus. Was für ein einfaches und ruhiges Leben dieser Mann doch führt. Der Fürst liebte die Menschen und ihr Sein, wie ein Vater der seine Kinder liebt.
Nach diesem kurz in sich inne halten, stand er auf und ging zu dem mit Wasser gefüllten steinernen Block. Dort wusch er sich in Ruhe und mit bedacht, alle Gedanken des Alltags hinter sich lassend. Danach zog er seine Schuhe aus und betrat das Teehaus. Er setzte sich dem Teemeister gegenüber und nickte ihm zu beginnen.
Der Fürst sah ihm aufmerksam und gelassen zu. Sie sprachen während der ganzen Zeremonie kein Wort miteinander. Obwohl beide Männer aus ganz verschiedenen Welten kamen, waren sie sich doch sehr ähnlich. Der eine sammelte Tee, der andere Menschen und beide wussten um ihre Bestimmung in diesem Leben.
Als der Teemeister fertig war, schob er dem Fürsten die Teeschale zur Verkostung hin und verneigte sich kurz, wie es Tradition war. Der Fürst tat es ihm gleich und hob die Schale um daraus zu trinken. Als er gerade seine Lippen an den Rand der Teeschale setzen wollte, flog plötzlich ein kleines Vögelchen, durch den geöffneten Spalt der Oberlichte, des Teehauses. Es flog eine Runde durch den Raum, über die Köpfe der beiden Männer hinweg, setzte sich auf den Rand der Teeschale des Fürsten und sah ihm frech ins Gesicht. Der Fürst wiederum blickte erstaunt zurück. Dem Vögelchen schien dies egal zu sein. Es drehte seinen Kopf in Richtung Tee und nippte davon, einmal, zweimal. Der Fürst, wie auch der Teemeister sahen ihm verwundert dabei zu. Als es fertig war, sah es noch einmal kurz den Fürsten an und verschwand danach so wie es gekommen war.
Der Fürst und der Teemeister verfolgten noch immer erstaunten Blickes, das Verschwinden, des uneingeladenen, gefiederten Gastes. Danach sahen sie fragend einander an. Nach einem kurzen Augenblick, senkte der Fürst seinen Blick in Richtung Teeschale, die er noch immer knapp vor seinem Gesicht hielt. Dann nahm er einen kräftigen Schluck. Als der Fürst die Teeschale wieder von seinen Lippen absetzte, hielt er kurz inne, dann kam ein Lächeln über seine Lippen und er sagte zum Teemeister: „Was für ein herrlich schmeckender Tee, muss sich das Vögelchen wohl gedacht haben.“ Nun lächelte auch der Teemeister, denn er ward seinem Ruf gerecht geworden.